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Auf Gerichtsverhandlungen hat der Gesang keinen Einfluss

Gießener Justizchor "Justitia et musica" bereitet sich auf Auftritt vor - Breites Repertoire

Meike Mossig GIESSEN. Tagsüber streiten manche von ihnen im Gerichtssaal miteinander, andere wälzen Akten, verfassen Anklageschriften, sprechen Urteile, untersuchen Opfer von Gewaltverbrechen oder büffeln Jura an der Uni. Doch einmal pro Woche schlagen sie alle gemeinsam das Notenbuch auf, um sich auf ihren bisher größten Auftritt als Gießener Justizchor vorzubereiten: Anlässlich der Festveranstaltung "125 Jahre Oberlandesgericht und Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main" singen die rund 35 Sängerinnen und Sänger am 1. Oktober vor tausend Zuhörern in der Frankfurter Paulskirche. "Das ist einfach eine tolle Sache für uns", sagt Dirigent und Rechtsanwalt Turgay Schmidt. Doch damit nicht genug: Am 26. November gibt "Justitia et musica" zudem auch in der St. Bonifatius Kirche in Gießen ein geistliches Konzert zu Gunsten der hiesigen Kinderklinik.
"Viele Menschen, die juristisch arbeiten, machen auch Musik", so Chorleiter Schmidt. Und deshalb kam dem Tenorsänger vor sieben Jahren die Idee, in Gießener Justizkreisen die Lust am gemeinsamen Singen zu wecken. Die Geschichte von "Justitia et musica" begann. Seitdem singen nicht nur Richter von Amts- und Landgericht, Staats- und Rechtsanwälte, Gerichtsmediziner oder Mitarbeiter aus der Verwaltung zusammen. "Wir freuen uns, dass auch Jurastudenten in unserem Chor sind", so Schmidt. Denn mitmachen kann jeder, der Spaß am Musizieren hat. Auf Gerichtsverhandlungen hätte das gemeinsame Musizieren allerdings keinen Einfluss, versichert der Gießener Anwalt lachend.
"Unser Repertoire reicht von Rock-Pop bis zu Stücken aus der Renaissance", so Schmidt. Für den Auftritt in Frankfurt übt der Chor zur Zeit nicht nur ein Stück des österreichischen Komponisten Anton Bruckner und des russischen Kirchenmusikers Dimitri Stepanovich Bortnyansky ein. Auch Heinrich VIII. haben die Juristen als leidenschaftlichen Komponisten entdeckt. "Der König war ein Liebhaber der Musik", so Schmidt, "kurz vor seinem Tod besaß er 79 Blockflöten". Dass der Monarch selbst komponierte, sei nur Wenigen bekannt.

Gießener Anzeiger, 25.09.2004